"Die Unschärfe der Bildermacher und die Quantenmechanik"
Vortrag von Prof. Dr. Franz J. Gießibl

Kunst und Quanten

Öffentlicher Vortrag an der Universität Stuttgart Campus Vaihingen - 3. April 2025
Projekt "Kunst und Quanten: Quantum2025 in Kunstmuseen"

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Der Physiker Franz Gießibl von der Universität Regensburg, der mit Rasterkraftmikroskopie erstmals subatomare Auflösung erreichen konnte, berichtete unter anderem von seinem Austausch mit Gerhard Richter: Der weltweit als einer der bedeutendsten Künstler unserer Zeit geschätzt Maler war auf eine wissenschaftliche Publikation Gießibls aufmerksam geworden und fand damit eine passenden Gesprächspartner auch für andere physikalische Fragestellungen.

Die zahlreichen Vortragsgäste konnten vor dem Hörsaal an zahlreichen Postern weitere „Kunst und Quanten“-Themen kennenlernen und unter einem Mikroskop den „kleinsten Kandinsky der Welt“ bestaunen, der 2023 von Nanooptik-Forschenden in einen Silizium-Wafer strukturiert wurde.

Abendvortrag von Franz Gießibl zu „Unschärfe“
Abendvortrag von Franz Gießibl zu „Unschärfe“

Sonnenfinsternisse, die Wiederkehr von Kometen und den Lauf der Gestirne vermag die klassische Physik exakt vorherzusagen. Die Bewegung der Gestirne auf elliptischen Bahnen folgt den Newton’schen Gesetzen mit der Gravitationskraft, die proportional zum Kehrwert des Abstandsquadrates verläuft. Die Kraft, mit der ein Elektron im Atom an seinen Kern gebunden ist verläuft nach einem gleichlautenden quadratischen Gesetz, die Bahn der Elektronen ist aber nach den Gesetzen der Quantenmechanik nicht beliebig scharf messbar. Dazu hat Werner Heisenberg, einer der Begründer der Quantentheorie, vor etwa 100 Jahren die Heisenberg’sche Unschärferelation formuliert. 

Die Erfindung des Rastertunnelmikroskops durch Binnig und Rohrer hat es ermöglicht, Atome als verwaschene „Kugeln“ abzubilden. Das Rasterkraftmikroskop und die Erfindung des qPlus Sensors erlauben es, sozusagen Elektronenwolken im Atom zu „sehen“, damit wird ein noch größeres Auflösungsvermögen als die des Rastertunnelmikroskops erreicht. Eines der ersten Resultate dieser hochaufgelösten Atombilder [1] wurde im Juli 2000 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung abgedruckt. Der Maler Gerhard Richter war fasziniert von dieser Pressemeldung, in einem früheren Interview sagte er: "Ich kann über Wirklichkeit nichts Deutlicheres sagen als mein Verhältnis zur Wirklichkeit, und das hat dann etwas zu tun mit Unschärfe, Unsicherheit, Flüchtigkeit, Teilweisigkeit oder was immer.“ Dieses Zitat macht es verständlich, warum Richter hier die Arbeit wissenschaftlicher Bildermacher mit seinem Werk „Erster Blick“ [2] aufgegriffen hat und in einen Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft getreten ist [3]. 

Der Vortrag diskutiert die Grenzen der wissenschaftlichen Bildgebung und Schnittstellen zur Kunst.

[1] Franz J. Giessibl, S. Hembacher, H. Bielefeldt, J. Mannhart, Science 289, 422 (2000).
[2] Webseite Gerhard Richter, https://www.gerhard-richter.com/de/art/editions/first-view-12800.
[3] Franz J. Giessibl, Erster Blick in das Innere eines Atoms. Begegnungen mit Gerhard Richter zwischen Kunst und Wissenschaft, Walter König Verlag Köln 2022.

Kontakt zu den Ansprechpartnern: Dr. Marc Scheffler und Katja Stefanie Engstler

 

Kunst und Quanten - 1. Physikalisches Institut

Pfaffenwaldring 57, 70569 Stuttgart , Universitätscampus Vaihingen

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